Mitteilungsblatt Leipziger Entomologen

Heft 7, 1997
 
 
 
Das Maturna Heft 7 ist das erste Heft das fast vollständig mit der Internetausgabe übereinstimmt. Der Artikel "Maturna im Internet" wurde jedoch weggelassen, Wenn sie diese Zeilen lesen können, sind sie ja bereits im Internet und haben die in diesem Artikel angebotene Hilfe nicht nötig.
Ich möchte alle Fachgruppenmitglieder (auch alle sonstigen Leser) dazu auffordern, die nächste Maturna mit Beiträgen in der gewohnten Art zu bereichern. Als gewohnte Art sind vor allem Reiseberichte und kleinere entomologische Arbeiten gemeint, die in den grossen entomologischen Fachzeitschriften keinen Platz finden. Die Schreibweise soll auch dem Entomologie-Anfänger verständlich sein, was uns leider nicht immer gelingt. Auch Vorträge vor der Fachgruppe werden gerne angenommen.
Die Artikel in diesem Heft sind: "Das Falterjahr 1997" mit einigen Nachträgen von 1996, eine Antwort auf die Frage: "Hat der Auwald auch Heuschrecken?" und einem Reisebericht "Zu Besuch im Schmetterlingstal auf Rhodos". Der für dieses Heft vorgesehene Beitrag "Zur Faunistik von Centrotis cornutus in Sachsen" (Homoptera, Cicadina, Membracidae) von Wolfram Guidetti, wird auf das nächste Heft verschoben. Ich bitte alle Entomologen, ihre Sammlungen nach den Buckelzikaden Centrotis cornutus und Gargara genistae durchzusehen und die Daten Herrn Guidetti oder der Redaktion dieser Zeitschrift zukommen zu lassen.
Die Fauna Saxonica geht in die zweite Runde. Meldungen an die zuständigen Bearbeiter sind erwünscht. Weiterhin möchten wir alle bitten, uns Beobachtungsdaten aus dem Leipziger Raum für das Falterjahr zur Verfügung zu stellen.
Einige Vorboten der neuen Rechtschreibung haben in der Maturna Einzug gehalten. Wir überlassen unseren Autoren die freie Wahl, welche der in Deutschland gültigen Rechtschreibungen sie verwenden wollen. Dabei nehmen wir auch keine Rücksicht, ob in unserem Bundesland die neue Rechtschreibung aktuell gültig ist oder nicht.

Mario Graul
 

Inhalt

Das Falterjahr 1997
Hat der Auwald auch Heuschrecken?
Zu Besuch im Schmetterlingstal auf Rhodos
 

Das Falterjahr 1997
Ronald Schiller & Mario Graul

Leider ist die Auswertung der Beobachtungen des vergangenen Jahres nicht abgeschlossen, so daß wir nur einen vorläufigen Rückblick vornehmen können. Wir danken allen genannten und ungenannten Entomologen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Freunden des Naturkundemuseums Leipzig, die uns Beobachtungen mitteilten. Genannt seien u.a. Frau R. Juntke/Leipzig, Frau C. Koch/Leipzig, Frau E. Kull/Leipzig, Herr Dr. H. Berger/Wiederoda, Herr R. Mäkert/Leipzig, Herr D. Miska/Leipzig sowie U. Kunick/Leipzig u. Hoyerswerda, M. Schaarschmidt/ Leipzig, Dr. L. Schellhammer/Leipzig u. Schildau, H. Teubert/Schkeuditz, Dr. U. Wallberg/Leipzig und P. Weisbach/ Berlin.
  Neben verschiedenen Teilen des Leipziger Auwaldes, die recht umfangreich untersucht wurden, liegen Beobachtungen aus folgenden Gebieten vor: Beucha bei Leipzig, Bienitz westlich Leipzig, Colditzer Forst, Dahlenberg bei Eilenburg, Dübener- und Dahlener Heide (verschiedene Orte), Torgau, Eilenburg und Wölpern, dem Delitzscher Raum, Gaschwitz - Neue Harth, Göhrenz und Kulkwitzer See, Hainichen bei Borna, Hohburger Berge, Kitzscher, Köhra/Muldentalkreis, Leipzig - Abtnaundorf, Leipzig Anger-Crottendorf, Leipzig-Gohlis, Leipzig-Paunsdorf, Leipzig - Thekla, Leipzig - Wahren, Wiederoda, Wermsdorfer Forst, Oberholz bei Leipzig, Taucha FND "Steinerts Berg" und Wachau bei Leipzig (Schmetterlingswiese).
  Folgende Tagfalterarten wurden uns bisher im Jahr 1997 aus dem Regierungsbezirk gemeldet:
Papilio machaon (Schwalbenschwanz), Pieris brassicae (Grosser Kohlweissling), Pieris rapae (Rapsweissling), Pieris napi (Kleiner Kohlweissling), Anthocharis cardamines (Aurorafalter), Gonepteryx rhamni (Zitronenfalter), Leptidea sinapis (Senfweissling), Melanargia galathea (Schachbrettfalter), Pararge aegeria, Lasiommata megera, Aphantopus hyperantus, Maniola jurtina (Grosses Ochsenauge), Hipparchia semele, Coenonympha pamphilus (Kleiner Heufalter), Apatura iris (Großer Schillerfalter), Apatura ilia (Kleiner Schillerfalter), Vanessa atalanta (Admiral), Nymphalis antiopa (Trauermantel), Nymphalis io (Tagpfauenauge), Nymphalis urticae (Kleiner Fuchs), Nymphalis c-album (C-Falter), Araschnia levana (Landkärtchen), Euphydryas maturna (Eschenscheckenfalter), Boloria selene, Issoria lathonia (Kleiner Perlmuttfalter), Argynnis adippe, Argynnis paphia (Kaisermantel), Callophrys rubi (Brombeerzipfelfalter), Satyrium w-album (Weisses W) Satyrium pruni, Thecla betulae (Nierenfleck), Lycaena virgaureae (Dukatenfalter), Lycaena phlaeas, Lycaena tityrus, Aricia agestis, Polyommatus icarus (Gemeiner Bläuling), Glaucopsyche teleius, Glaucopsyche nausithous, Celastrina argiolus (Faulbaumbläuling), Heteropterus morpheus, Carterocephalus palaemon, Thymelicus lineola, Thymelicus acteon, Thymelicus sylvestris und Ochlodes venatus. Dem aufmerksamen Leser dieser Liste werden einige Arten auffallen, die fehlen, aber sicherlich vorhanden waren oder in Gebieten fliegen, aus denen bisher keine Beobachtungen für 1997 vorliegen. Bemerkenswert erscheinen uns das gehäufte Auftreten von Leptidea sinapis (Senfweissling) in der Neuen Harth bei Gaschwitz, Nachweise von Apatura iris  bei Dornreichenbach und Hipparchia semele im Delitzscher Raum. Satyrium pruni (nordwestliche Aue; Teubert) wurde in der näheren Leipziger Umgebung in den letzten Jahren unseres Wissens nicht beobachtet. In der Nähe von Schildau (Kreis Torgau) wurden Lycaena idas und Aricia agestis (6 Falter!) gefunden. Von Euphydryas maturna (Eschenscheckenfalter) liegen neben Falternachweisen auch erste Beobachtungen zum Eiablageverhalten und der Entwicklung der Jungraupen vor. Sie ergänzen unsere Untersuchungen aus den 80er Jahren und sollen fortgesetzt werden. Da unser Hauptaugenmerk im vergangenen Sommer also dem Eschenscheckenfalter galt, blieben Beobachtungen zu den Ameisenbläulingen Mangelware.
  Lücken weisen auch die Listen für die Nachtfalter auf, da die Auswertung der Lichtfangergebnisse noch nicht abgeschlossen ist. Zuerst die bisher erfaßten Spinner und Schwärmer:
  Zygaena carniolica, Zygaena filipendulae (Gemeines Blutströpfchen), Thumasta senex, Miltochrista miniata (Rosenmotte), Eilema deplana, Eilema griseola, Eilema complana, Eilema lutarella, Pelosia muscerda, Phragmatobia fuliginosa (Zimtbär), Spilosoma lupricipeda (Weisse Tigermotte), Arctia caja (Brauner Bär), Elkneria pudibunda (Streckfuss), Arctornis l-nigrum (Schwarzes L), Leucoma salicis (Pappelspinner), Lymantria dispar (Schwammspinner), Lymantria monacha (Nonne), Euproctis similis, Thaumetopoea pinivora (Kiefernprozessionsspinner), Malacosoma neustria (Ringelspinner), Poecilocampa populi (Kleine Pappelglucke), Philudoria potatoria (Grasglucke), Dendrolimus pini (Kiefernspinner), Drepana falcataria, Drepana curvatula, Falcaria lacertinaria, Aglia tau (Nagelfleck), Agrius convolvuli (Windenschwärmer), Sphinx ligustri (Ligusterschwärmer), Hyloicus pinastri (Kiefernschwärmer), Mimas tiliae (Lindenschwärmer), Smerinthus ocellata (Abendpfauenauge), Laothoe populi (Pappelschwärmer), Macroglossum stellatarum (Taubenschwänzchen), Furcula bicuspis, Stauropus fagi (Buchenspinner), Pheosia tremula, Drymonia dodonaea, Notodonta dromedarius, Notodonta ziczac (Zickzackspinner), Ptilodon capucina, Ptilodon cucullina, Habrosyne pyritoides (Achateule), Thyatira batis (Roseneule), Tetheella fluctuosa, Ochropacha duplaris, Psyche casta, Cossus cossus (Weidenbohrer), Hepialus sylvinus und Phymatopus hecta. Die wohl interessanteste Beobachtung ist der Nachweis von Zygaena carniolica nun auch aus der nordwestlichen Aue (Teubert). Schwierig ist der Fund von Arctornis l-nigrum einzuordnen, uns sind aus dem Stadtgebiet und dem Auwald keine aktuellen Beobachtungen bekannt. Mehrfach erhielten wir auch im vergangenen Jahr Hinweise auf "Kolibris" in der Leipziger Umgebung. Waren es in der Vergangenheit meist Windenschwärmer (1997 1x im Stadtgebiet, Kunick), so deutete in diesem Jahr meist alles auf Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) hin, in einem Fall (von Beucha bei Leipzig) lag ein eindeutiger Fotobeleg vor. Weiterhin wurde die Art in der Gartenanlage "Gartenfreunde Leipzig Süd", in Schildau und Torgau von einem der Autoren beobachtet. Auch diese Art meldete Kunick aus dem Stadtgebiet von Leipzig. In diesem Zusammenhang sei ein Raupenfund des Nachtkerzenschwärmers (Falkenhain, Belegfoto H. Kopsch) von 1996 erwähnt. Weiterhin erscheinen uns Aglia tau (Colditzer Forst und Wermsdorfer Forst) und Phymatopus hecta (Oberholz) mitteilenswert. Auf weitere höchst bemerkenswerte Beobachtungen des vergangenen Jahres wird noch an anderer Stelle einzugehen sein.
  Da wir in diesem Jahr nur in der nächsten Umgebung Leipzigs Lichtfänge durchführten, stammen die Beobachtungen der meisten Eulen aus dem Stadtgebiet und den angrenzenden Auenlandschaften, einige auch aus den Heidegebieten im Nordosten des Regierungsbezirkes:
  Colocasia coryli (Haseleule), Acronicta rumicis (Ampfereule), Craniophora ligustri (Ligustereule), Agrotis crassa, Agrotis exclamationis (Gemeine Grasseule), Lycophotia porphyrea, Xestia c-nigrum (Schwarzes C), Xestia triangulum, Ochropleura plecta, Xestia rhomboidea, Xestia xanthographa, Axylia putris, Noctua pronuba (Hausmutter), Noctua fimbriata, Noctua janthina, Noctua comes, Mamestra brassicae, Lacanobia suasa, Melanchra persicariae, Orthosia gothica, Orthosia munda, Orthosia cerasi, Orthosia cruda, Cerapteryx graminis, Orthosia incerta, Mythimna ferrago, Mythimna l-album, Mythimna conigera, Mythimna impura, Mythimna pallens, Cucullia verbasci, Lithophane ornitopus, Eupsilia transversa (Satellit-Eule), Conistra erythrocephala, Conistra rubiginosa, Xanthia icteritia, Xanthia citrago, Amphipyra pyramidea, Amphipyra berbera, Amphipyra tragopoginis, Rusina ferruginea, Apamea lithoxylea, Apamea crenata, Apamea monoglypha, Apamea scolopacina, Trachea atriplicis, Euplexia lucipara, Phlogophora meticulosa, Hoplodrina octogenaria, Hoplodrina blanda, Caradrina morpheus, Atypha pulmonaris, Elaphria venustula, Hydraecia micacea, Pyrrhia umbra, Ipimorpha retusa, Charanyca trigrammica, Cosmia affinis, Cosmia diffinis, Cosmia pyralina, Cosmia trapezina, Enargia paleacea, Panemeria tenebrata, Protodeltote pygarga, Deltote deceptoria, Deltote bankiana (Silbereulchen), Nycteola revayana, Catocala nupta (Rotes Ordensband), Catocala sponsa (Eichenkarmin), Callistege mi (Scheck-Tageule), Euclidia glyphica (Braune Tageule), Diachrysia chrysitis, Autographa pulchrina, Autographa gamma (Gammaeule), Abrostola trigemina, Rivula sericealis (Seideneulchen), Herminia grisealis, Herminia tarsicrinalis und Hypena proboscidalis.
  Ebenso wie bei den Eulen stammen die bisher vorliegenden Beobachtungsdaten für Spanner, mit Ausnahme einiger Zufallsfunde oder Tagbeobachtungen, aus den o.g. Gebieten:
  Archiearias parthenias (Grosses Jungfernkind), Alsophila aescularia (Kreuzflügel), Geometra papilionaria (Grünes Blatt) Comibaena bajularia (Pustelspanner), Hemithea aestivaria, Timandra griseata, Cyclophora albipunctata, Cyclophora annulata, Cyclophora linearia, Idaea biselata, Idaea fuscovenosa, Idaea humiliata, Idaea straminata, Idaea aversata, Aplocera plagiata (Grauspanner), Lobophora halterata, Operophtera brumata, Epirrita autumnata, Philereme transversata, Eulithis prunata, Eulithia pyraliata, Plemyria rubiginata, Thera juniperata, Chloroclysta truncata, Xanthorhoe fluctuata, Xanthorhoe montanata, Xanthorhoe quadrifasciata, Xanthorhoe ferrugata, Xanthorhoe spadicearia, Xanthorhoe designata, Euphyia unangulata, Camptogramma bilineatum, Ecliptoptera silaceata, Mesoleuca albicillata, Epirrhoe alternata, Perizoma alchemillatum, Perizoma flavofasciatum, Hydrelia flammeolaria, Eupithecia succenturiata, Lomaspilis marginata, Lomographa bimaculata, Cabera pusaria, Cabera exanthemata, Hylaea fasciaria, Campaea margaritata, Ennomos alniaria, Selenia dentaria, Selenia tetralunaria, Apeira syringaria, Angerona prunaria (Schlehenspanner), Ourapteryx sambucaria (Nachtschwalbenschwanz), Petrophora chlorosata, Semiothisa notata, Semiothisa alternata, Semiothisa clathrata, Agriopis leucophaearia, Agriopis marginaria, Apocheima pilosarium (Schneespanner), Biston betularius (Birkenspanner), Peribatodes rhomboidarius, Peribatodes secundarius, Alcis repandatus, Hypomecis roboraria, Hypomecis punctinalis, Ectropis crepuscularia, Parectropis similaria, Aethalura punctulata und Ematurga atomaria.
  Auf den Nachweis von Apeira syringaria möchten wir gesondert eingehen und an dieser Stelle nichts vorwegnehmen.
 

Hat der Auwald auch Heuschrecken?
Ludwig Schellhammer

1. Zielstellung

Diese Untersuchungen waren als Zuarbeit für Herrn Dipl.-Biol. Ronald Schiller gedacht, der wiederum für Herrn Prof. Gerd Müller die gesamte Zoologie für das Leipziger Auwaldprojekt des Naturschutzbeirates beim Regierungspräsidium koordiniert. Da Heuschrecken gern für ökologische Fragestellungen untersucht werden, sollte dafür zuerst einmal eine vorläufige Artenliste aus den vorhandenen Quellen und unseren Beobachtungen zusammengestellt werden. Es wurden 7 Stellen bzw. Querungen des Auwaldes ausgewählt, und der Autor ist sich natürlich im klaren, daß unsere Arbeit nur der Anfang sein kann und keinerlei Vollständigkeit beansprucht.
2. Methode

An 7 verschiedenen Nachmittagen im August/September 1997 wurden Pirschgänge durchgeführt, wurde mit Kescher gefangen oder z.T. verhört. Belege befinden sich in der Sammlung Schellhammer.
 

3. Vorbemerkung

Abkürzungen:
RLS - Rote Liste Sachsen
RLD - Rote Liste BRD

Der Juni 1997 war kühl, der Juli z.T. verregnet (Jahrhunderthochwasser in Böhmen, Mähren, Polen, an der Oder). Im Juli 97 suchte ich vergebens nach adulten Heuschrecken, erst die Hundstage im August (97) brachten gute Ergebnisse.
  Obwohl bekannt ist, daß Heuschrecken als gute Indikatoren für Umweltbedingungen und -bewertungen dienen können, muß betont werden, daß es bestimmte Dinge zu beachten gibt, ohne deren Berücksichtigung manches unklar bleibt. Es muß gesagt werden, daß z.B. auf einer großen Auenwiese diese nicht voll mit Heuschrecken besetzt ist, sondern sich Populationen bilden, die auf einem relativ eng begrenzten Teilareal dominant sind und dieses ungern verlassen. Warum das so ist, wissen wir nicht. Man merkt aber genau, wenn man ein solches Teilareal tangiert oder durchquert. So war z.B. den ganzen langen Heuweg entlang, trotz bester hochsommerlicher Witterungsverhältnisse, kaum eine Heuschrecke zu sehen.
 

4. Durchführung
4.1. Eichholz im Südlichen Auwald und Flächennaturdenkmal Imnitzer Lachen

Verlassen wir Zwenkau-Imnitz in Richtung Lachen, so umgeben uns alsbald Wiesen. Probefänge ergaben den Gemeinen Grashüpfer (Chorthippus parallelus) - gemein, den Weißrandigen Grashüpfer (Chorthippus albomarginatus) - lokal häufig - der Feuchtwiesen liebt und den Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) - häufig, - der trockene Wiesen liebt. Auf Brombeergesträuch sitzt gern die Gemeine Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera) - häufig. In der Nähe menschlicher Siedlungen hört man an vielen Orten den Gesang des großen Grünen Heupferdes (Tettigonia viridissima) - häufig. Ich freute mich über den Nachweis der Gemeinen Sichelschrecke (Phaneroptera falcata), eines Einwanderers aus dem Süden, der sich in den letzten Jahren (nach S.Straube) bei uns etabliert hat (2 Exemplare). Interessant erschienen mir an der verfallenden Imnitzer Kirche 2 Pflanzen: die Kletten-Borstenhirse (Setaria verticillata) und die groß blühende Heroldsmalve (Malva alcea, 1 Exemplar).
  Die Ufervegetation der Teiche ist interessanterweise heuschreckenleer!? Am Ufer des Großen Teiches fand ich das für Leipzig seltene Wasser-Kreuzkraut (Senecio aquaticus)!- RLS
  Mein Weg verlief weiter an der Alten Elster, die schon lange totgelegt ist und dahinvegetiert. An den Ufern stehen Weiden (Hohe Weide - Salix x rubens) Brennessel, Himbeeren, der Kleinblütige Hohlzahn, Massen der Kanadischen Goldrute und Acker-Kratzdisteln. Überall hört man den Gesang des Grünen Heupferdes und der Gemeinen Strauchschrecke.
  So erreichte ich das Eichholz, den südlichsten Teil des Leipziger Auwaldes, der leider durch den ehemaligen. Tagebau vom Südlichen Auwald getrennt ist. Am Damm der Alten Elster fand ich in besonnten Partien ebenfalls die Gemeine Sichelschrecke. Häufig ist hier auf dem trockenen Damm der Nachtigall-Grashüpfer zu hören. Ich betrat eine große feuchte Waldwiese, die vornehmlich aus Knaulgras besteht. Auch hier wieder das Phänomen: der Gemeine Grashüpfer ist lokal anzutreffen, in Populationen, nicht über die ganze Wiese gleichmäßig verbreitet.
  Eine krautreiche Waldwiese im Eichholz nahm ich näher unter die Lupe. Bemerkenswerte Pflanzen sind: Riesenschwingel, Großes Hexenkraut, Brombeeren, Himbeeren, Kratzbeeren, Braunwurz, Kanadische Goldrute, Waldziest, Gefleckte Taubnessel; an Bäumen ringsum Eschen, Stieleichen, junge Feldulmen, Weißbuchen, Berg-, Spitz- und Feldahorn. Auch hier die Gemeine Strauchschrecke, die auf besonnten Brombeeren, gut genug getarnt, sitzt und schlecht zu erbeuten ist, will man sich nicht große Löcher im Netz einhandeln. Und dann überall, nicht gerade häufig, die Gemeine Eichenschrecke (Meconema thalassinum), die man auch leicht beim Köderfang von Nachtfaltern beobachten kann, denn auch sie liebt den süßen, vergorenen Saft. Ich verliess das Eichholz bei Zwenkau. Hier auf einer Waldwiese am Eythraer Weg an den Sportstätten mit Glatt-Hafer und Großem Wiesenknopf trifft man häufig den Gemeinen Grashüpfer an. Mehr hat die Wiese nicht zu bieten.
 

4.2. Von der Waldgaststätte zum Oberen Elsterflutbett und der Lauer

An der Haltestelle "Wildgaststätte" der Linie 28 betrete ich den Auwald. Auf den Wiesen um die Wildgaststätte tummeln sich der Gemeine Grashüpfer und der Nachtigall-Grashüpfer. Vom Waldrand ist das "Ziepen" der Gemeinen Strauch schrecke zu vernehmen. Der reine Wald ist natürlich heuschreckenleer, denn diese Tiere benötigen ja vor allem Gräser zum Fressen, Wärme und Licht. Eine Ausnahme macht die Gemeine Eichenschrecke, die auf der Unterseite von Eichenblättern lebt. Ich durchquere den Südlichen Auwald und gelange zum Oberen Elster-Flutbett mit dem Bahnübergang (S-Bahn) und dem hoch interessanten Wiesengraben. Die Wiesen im Oberen Elster-Flutbett sind großflächig gemäht bzw. von Schafen abgeweidet. Es finden sich nur zerstreut der Gemeine Grashüpfer und der Nachtigall-Grashüpfer. Letzterer heißt so, weil sein Gesang aus laut schmetternden Versen besteht, die zur typischen Geräuschkulisse einer Sommerwiese gehören. Eine neue Langfühlerschrecke kommt hinzu: Rösels Beißschrecke (Metrioptera roeseli) - zerstreut.
  Als nächstes folgt ein Abstecher zum Flächennaturdenkmal "Lehmlache Lauer", das einmal Naturschutzgebiet werden soll. Am Damm finden wir wärmeliebende Pflanzen: Weiden-Aland (Inula salicina, RLS), Filz-Klette (Arctium tomentosum) und Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea). An Heuschrecken sind zu nennen: Gemeiner Grashüpfer - gemein, Nachtigall-Grashüpfer - häufig, Rösels Beißschrecke - verbreitet. Die Gemeine Strauchschrecke, an den verdammten Brombeeren sitzend, ist verbreitet. Einen kurzen Blick lasse ich noch auf die ausgedehnte Lehmlache selbst schweifen mit ihrem Schilf und diversen Wasserpflanzen und den zahlreichen Enten. Ein Stück wunderbare Leipziger Natur!
 

4.3. Ascheberg an der Fockestrasse

Mein Freund Mario Graul (Entomologe) holte hier öfters die Nahrung für die Gottesanbeterinnen, die im Naturkundemuseum ausgestellt waren: Heuschrecken. Welche waren es? Nachtigall-Grashüpfer, Brauner Grashüpfer (Chorth. brunneus) - besonders am Bergplateau zerstreut und Gemeiner Grashüpfer - häufig. An einer Häuserwand der R.-Lehmann-Str., die direkt an den Auwald grenzt, fand der Autor 1 Exemplar der Punktierten Zartschrecke (Leptophyes punctatissima), die sich nach S.Straube in Ausbreitung in der Kulturlandschaft befindet.
 

4.4. Große Rosentalwiese am Vorderen Rosentalteich und Zöllnerdenkmal

Da die Große Rosentalwiese dem Angriff sechs-wöchentlicher Bemähung durch das Grünflächenamt der Stadt ausgesetzt ist (Ziel: glatt geschorene Wiese, ohne Blumen), sind Heuschrecken kaum zu finden. Am Zöllnerdenkmal fanden wir den Gemeinen Grashüpfer und den Nachtigall -Grashüpfer.
 

4.5. Heuweg in Möckern, Oberes Elsterbecken, Nahlesteg bis Leutzsch

Es ist vielleicht ein Paradoxon: bei brennendem Sonnenschein in den Hundstagen am 15.8.1997 sah ich längs des langen Heuweges (links und rechts Rasen und Kleingärten) - keine oder kaum Heuschrecken. Nur hin und wieder fand sich ein vereinzelter Nachtigallgrashüpfer, oder auf Brombeeren wurde eine vereinzelte Gemeine Strauchschrecke verhört. So kam ich, die Zunge hängen lassend, den ganzen Heuweg entlang an das Ende des Elster-Flutbettes, dort wo die kanalisierte Luppe entspringt. Die Gegend dort ist pflanzenarm und lebensfeindlich, die Ufer - Betonwüsten, die Wasserqualität polytroph bzw. hypertroph. Der Abfluß aus dem Klärwerk wirkte auf mich wie ein Höllenpfuhl! Das schwarze, schnell fließende Wasser ergießt sich in die kanalisierte Luppe, die es zu 2/3 speist. Ausgerechnet hier traf ich auf der die Luppe begleitenden Wiese am Damm eine gute Heuschreckenpopulation an: den Gemeinen Grashüpfer - häufig, den Nachtigall-Grashüpfer - verbreitet. Der Verbindungsweg von der Luppenbrücke zum Auwald erbrachte keine Heuschrecken. Ich gelangte so zum Nahlesteg mit Nahle und Kleiner Luppe. Die Ufer sind voll vom Großen Springkraut (Impatiens glandulifera, Heimat Himalaja), Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) und Brennessel. Hier an den Auwald angrenzend lebt der Weißrandige Grashüpfer - zerstreut, 1 Weibchen des Braunen Grashüpfers bekam ich zu Gesicht. Von überall her dringt der leise eintönige Gesang der Gemeinen Strauchschrecke :  "Ziep , zp, zp."
 

4.6. NSG Luppenaue,  Teilgebiete Papitzer Lachen und Großes Gehege

(Siehe auch Hendrik Teubert, der diese Gebiete gut beobachtet und Broschüre "Natur und Naturschutz im Raum Leipzig", Teil II, ed. Naturschutzbund Deutschland, 1996)
  Rösels Beißschrecke hat sich an die Bewirtschaftung mit fetten Wiesen gut gewöhnt und ist überall präsent. Auch das Grüne Heupferd und die Gemeine Strauchschrecke am Gesträuch der Waldränder fehlen nicht. Bemerkenswerte Erscheinungen sind in Schilf- und Rohrglanzbeständen die Kurzflügelige Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis) - zerstreut und die Langflügelige Schwertschrecke (Conocephalus discolor) - zerstreut, wobei letztere nach der Literatur seltener, bei uns aber häufiger vorkommt. Die Weibchen tragen einen langen, schwertähnlichen Legestachel.
  Eine Sehenswürdigkeit ist hier die Sumpfschrecke (Mecosthetus grossus), entdeckt von Hendrik Teubert, in trocken gefallenen, aber erdfeuchten Teichen, an Teichrändern und Binsenbeständen der Papitzer Lachen. Mit beachtlicher Größe, weiß untersetzten braunen Flügeln, die rote Stirn und die roten Sprungbeine heben sich von dem lindgrünen, schwarz gefleckten Abdomen ab, eine imposante Erscheinung in der Insektenwelt. Sie singt nicht, wie andere Heuschrecken, sondern hat den interessanten "Schienenschleuderzick". Sie ist wohl ein guter Indikator für intakte Feuchtgebiete.
  Nachtigall-Grashüpfer und Brauner Grashüpfer kommen im Gebiet vor. Der Feldgrashüpfer (Chorthippus apricarius), auch durch H. Teubert hier entdeckt, lebt an trockenen, grasigen Wegrändern zwischen den Wiesen. In neuerer Zeit ist er nach Bellmann durch den Ausbau der Feldwege und die verstärkte Giftanwendung von den Rändern landwirtschaftlicher Nutzflächen verschwunden. Der Wiesen-Grashüpfer (Chorthippus dorsatus) - lokal, zerstreut - kommt nicht überall vor, lebt vorzugsweise auf feuchten Wiesen im Randbereich von Teichen. Natürlich gibt es in den Papitzer Lachen und im Großen Gehege auch die Feuchtwiesenarten Weißrandiger Grashüpfer - häufig - und den Gemeinen Grashüpfer - gemein. Der Gemeine Grashüpfer ist auch hier der häufigste.
  Eine weitere Besonderheit ist die Große Goldschrecke (Chrysochraon dispar) - zerstreut. Sie hält sich auf feuchten Wiesen in der Nähe von Schilf und Rohrglanzgras auf, die Männchen sind an Körper und den Flügeln goldolivfarben getönt, während die größeren Weibchen oft nur eine braune Farbe und Stummelflügel aufweisen.
 

4.7. Bienitzkomplex

(Vergl. Stefan STRAUBE: Heuschrecken des Bienitz bei Leipzig. Veröff. NKM Leipzig 1996) Der Bienitz ist gerade das Gegenstück zum NSG Luppenaue, zumindest was den Hügel und den Sandweg angeht. Der Geschützte Biotop "Saure Wiesen" und das Flächennaturdenkmal Spitzwiese sind natürlich Feuchtwiesen.
  Ende August 1997 besuchte ich den Bienitz. Am Bienitzplateau befand sich der Kohlelagerplatz, genutzt durch das ehemalige Werk Industriearmaturen Leipzig und später durch das Werk Elguwa Leipzig. Die Kohlenmassen ließ Bürgermeister Nagel nach der Wende dankenswerterweise beräumen, ebenso, wie er die Müllhalde südlich der ehemaligen. Gaststätte (hervorgerufen durch das ehemalige Werk Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig und Bürgermüll) entfernen ließ. Herr St. Straube ist der Meinung, daß auf der Kuppe des Bienitz ein sehr schönes Heuschreckenrefugium entstanden ist.
  Neben freien Flächen sehen wir am ehemaligen Kohleplatz Pappel- und Birkenaufwuchs. Hier konnte ich ebenfalls die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) - lokal verbreitet - nachweisen, während mir der Nachweis der Blauflügeligen Sandschrecke (Sphingonotus caerulans) nicht gelang (Straube wies sie 1996 nach ).
  Von der ehemaligen. Gaststätte (devastiert) zieht sich südlich ein Trockengebiet (Trockenrasen) bis zum Kiefernwäldchen hin. An bemerkenswerten Pflanzen nennen wir: Schaf-(Festuca ovina) und Rauhblatt-Schwingel (Festuca trachyphylla), Berg-Sandglöckchen (Jasione montana), Silber-Fingerkraut (Potentilla argentea), Rot-Straußgras (Agrostis capillaris), Sandnelke (Armeria maritima) RLD u.a. Hier ist die Heimat von Nachtigall-Grashüpfer, Braunem Grashüpfer und der Gemeinen Strauchschrecke auf den besonnten Brombeeren am Waldrand. Bemerkenswert ist der Fund der Gefleckten Keulenschrecke (Myrmeleotettix maculatus) - selten - und der Gemeinen Sichelschrecke.
  Begeben wir uns nun zum oberen Sandweg. Hier wachsen die Kriechende Hauhechel (Ononis repens), der seltene Knorpel-Lattich (Chondrilla juncea) RLS, Feld-Mannstreu (Eryngium campestre) RLS, Nickende Distel (Carduus nutans) RLS u.a. Hier können gute Populationen vom Nachtigall-Grashüpfer und Gemeinen Grashüpfer beobachtet werden.
  Wandern wir den Sandweg (Geschützter Biotop) hinunter, ergeben die Grasflächen links und rechts des Hohlweges erstaunlicherweise keine Ergebnisse. Sollten hier abgedriftete Herbizide von der ackerbaulich intensiv bearbeiteten Sandfläche (Agrargenossenschaft Gundorf) gewirkt haben?
  Unten angekommen, ist unweit die "Hunnenquelle" (Geschützter Biotop) mit feuchten Wiesen (Kohldistel RLS, Sumpf-Storchschnabel und Riedgrasbeständen). Hier beobachtete ich neben dem Gemeinen Grashüpfer - häufig - den Weißrandigen Grashüpfer - verbreitet und Rösels Beißschrecke - verbreitet.
  Frau Agnes Berkemeyer vom Zweckverband "Flußauenlandschaft Leipzig Nordwest" hat einen Naturlehrpfad rund um den Bienitz mit Schautafeln erstellt, den der geneigte Leser mit Gewinn besuchen sollte.
 

4.7.1. Geschützter Biotop Saure Wiesen

Neben Schilfbeständen gibt es einen großen Teil von Wechselfeuchte anzeigender Rasenschmiele (Deschampsia cespitosa), Binsenbeständen und Huflattich (Stauwasseranzeiger), leider gibt es noch Ruderalstellen mit Klette, Kanadischer Goldrute und Brennesseln. Die Pflege des Geschützten Biotopes durch den Naturschutz hat aber sichtbare Fortschritte erzielt. Gleich zu Anfang an der Straße nach Frankenheim traf ich eine große Population von Heuschrecken an: Weißrandiger Grashüpfer, Nachtigall-Grashüpfer (interessant: rot gefärbte Weibchen!), Gemeiner Grashüpfer, Feld-Grashüpfer und Rösels Beißschrecke. Auf der Sauren Wiese selbst ist die gleiche Artenkombination in weit geringerer Dichte anzutreffen.
  Beim Heimweg durch Rückmarsdorf konnte man bei Gewitterstimmung und blutrotem Sonnenuntergang sowie hohen Temperaturen überall den Gesang des Grünen Heupferdes hören. Für einen Naturfreund bietet dieses Schauspiel ein nachhaltiges Erlebnis, das ihn für die Mühen des Tages reich entlohnt.
 

5. Zusammenstellung der im Rahmen dieser Untersuchungen im Auwaldbereich einschließlich Bienitz beobachteten Heuschrecken

Langfühlerschrecken (Ensifera)
1. Grünes Heupferd (Tettigonia viridissima)
2. Gemeine Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera)
3. Gemeine Sichelschrecke (Phaneroptera falcata) RLS
4. Gemeine Eichenschrecke (Meconema thalassinum)
5. Rösels Beißschrecke (Metrioptera roeseli)
6. Punktierte Zartschrecke (Leptophyes punctatissima) RLS
7. Kurzflügelige Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis) RLS
8. Langflügelige Schwertschrecke (Conocephalus discolor) RLS

Kurzfühlerschrecken (Caelìfera)
9. Gemeiner Grashüpfer (Chorthippus parallelus)
10. Nachtigall-Grashüpfer (Chort. biguttulus)
11. Weißrandiger Grashüpfer (Chort. albomarginatus)
12. Brauner Grashüpfer (Chorth. brunneus )
13. Feldgrashüpfer (Chorth. apricarius)
14. Wiesengrashüpfer (Chorth. dorsatus) RLS
15. Große Goldschrecke (Chrysochraon dispar) RLS
16. Sumpfschrecke (Mecostethus grossus) RLS
17. Gefleckte Keulenschrecke (Myrmeleotettix maculatus) RLS
18. Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) RLS

Insgesamt also 18 Arten, die während der Exkursionen im Sommer 1997 nach gewiesen wurden. Mögen sie Anregung sein, in den nächsten Jahren weitere Gebiete zu untersuchen, um unsere Kenntnisse zu verbessern.
 

6. Danksagung:

Herrn Diplom - Biologen Dietmar Klaus für die Durchsicht des Materials und des Manuskriptes
 

7. Literatur:
 

 

Zu Besuch im Schmetterlingstal auf Rhodos
Ronald Schiller

Anfang der 90er Jahre fiel mir beim ersten Studium der Reiseprospekte für Griechenland ein touristisches "Highlight" der Insel Rhodos auf. Das Tourismusunternehmen warb für einen Tagesausflug in ein Schmetterlingstal, in dem Falter den Sommer verbringen sollten. Das Interesse war geweckt, und ich verfolgte das Thema weiter. Es stellte sich nach einigen Recherchen heraus, daß es sich nur um Falter einer Art, der Spanischen Flagge (Callimorpha quadripunctaria ssp. rhodosensis) handelte, die dort die Sommermonate über vorkommen.
  Im Sommer 1997 verbrachten wir unseren Sommerurlaub dann auf Rhodos, damit ergab sich die Möglichkeit des Besuches. Das Schmetterlingstal ist eine der Haupttouristenattraktionen, d. h. möglichst jeder Besucher wird hingebracht, entweder im Bus als Teil eines Tages- oder Halbtagesausflugs oder mit dem (Leih)Wagen. Entsprechend groß ist der Ansturm und damit die Wartezeit am Eingang. Nach der Entrichtung des Eintrittsgeldes begann der Aufstieg. Es handelt sich nicht um ein Tal, sondern um eine relativ schmale und bewaldete Schlucht, die von einem Bach durchflossen wird. Die Falter sitzen sprichwörtlich überall an Steinen, Felswänden oder Baumstämmen, oft dicht gedrängt. Durch die ständige Begängnis sind außerdem immer Falter in der Luft, die einen neuen Ruheplatz suchen. Es ist sicherlich eines der spektakulärsten Naturschauspiele auf dieser reizvollen Insel. Allerdings fehlen in der Schlucht Blüten nahezu vollständig, so daß eine Nahrungsaufnahme kaum möglich ist. Die Falter suchen die Schlucht wohl nur zur Übersommerung auf. Im Herbst verlassen sie das Tal, um sich im Umland zu vermehren (de Freina & Witt 1987). Mit zunehmender Trockenheit wandern die Nachkommen im folgenden Frühsommer dann wieder zurück. Zwar werden die Tiere von den Reiseführern nicht mehr absichtlich aufgescheucht, wie es die o.g. Autoren noch beschreiben, trotzdem genügt der hohe Besucheransturm, verbunden mit dem üblichen Blitzlichtgewitter und weitere Störungen, um die Bestände anscheinend abnehmen zu lassen. Wir sahen nur wenige Stellen, an denen so große Faltermengen saßen, wie es die Postkarten zeigten. de Freina & Witt (1987) schreiben von bis zu 1000 Tieren/m². Meist fanden wir Stellen, an denen sich zwischen 10 und 100 Falter in dem Bereich aufhielten, den man vom Weg einsehen konnte.
  Das Verhalten der Spanischen Flagge auf Rhodos weicht von dem der mittel- und südeuropäischen Falter, die ich bisher beobachten konnte, mehr oder weniger stark ab. Die ersten Falter sahen wir in der 70er Jahren am Südufer des Balaton an einer Straßenlampe, also am Licht, sowie tagaktiv im Vratna-Tal (Slowakei). Die nächste Begegnung folgte Anfang August 1992 in der Umgebung von Eichstätt bei Dollnstein (Altmühltal), als ich 2 Falter am Tag auf einer Distelblüte im Übergangsbereich von Kalkmagerrasen und Gebüschen sah. Während des Sommerurlaubes 1994 am Gardasee flogen die Falter in der Kulturlandschaft entlang der Wege, sofern diese ganz stark beschattet waren. Sie verließen diese Bereiche anscheinend nicht, um auf benachbarten Wiesen Nahrung aufzunehmen, zumindest fanden wir auch am späten Nachmittag nie Falter außerhalb der Wege oder gar abends am Licht. In der Umgebung von Flachau (Österreich) sahen wir 1996 am Tag fliegende Falter in den Schneisen entlang der Skilifte in ca. 1000 - 1300 m Höhe.
  Über weitere Großschmetterlinge, die wir während des 14tägigen Urlaubs auf Rhodos sahen, gibt es kaum etwas zu berichten. Recht häufig waren Segelfalter (Iphiclides podalirius). Außerdem sahen wir sehr vereinzelt nicht näher zu bestimmende Bläulinge und Dickkopffalter, Resedaweißlinge (Pontia edusa oder daplidice) und einen Schwalbenschwanz (Papilio machaon). Nachtfalter waren noch rarer. Die Hauptursachen waren wohl ein beständiger, meist stürmischer Westwind und die nahezu völlig vertrocknete Vegetation.

Literatur:

WebCounter by GOWEB zurück zur Leitseite